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In die Beruhigung finden

in uns Menschen, im Körper, im Geist, in der Schule, in der Kita, in der Gesellschaft, im System.

Wenn es ungemütlicher wird. In uns, im Miteinander.

Die gesellschaftlichen Entwicklungen können Angst machen und verunsichern uns Menschen. Und gerade auch Menschen, die in früher Kindheit bereits selber Erfahrungen mit Gewalt machen mussten.

Das Klima gestaltet sich rauher, das Miteinander häufiger mal unerfreulicher. Gegeneinander statt miteinander.

Das macht Atmosphäre. Und Atmosphäre wirkt.

Der Stresspegel steigt. Und darüber reden wir auch. Weniger über die Angst, die Ängste, die dahinter liegen.

Lassen Sie uns über die Befürchtungen und die Ängste, die konkrete Angst oder die diffuse Angst, sprechen. Lassen Sie uns über allzu Menschliches sprechen.

Dann erst können wir auch darüber sprechen, wie wir uns selbst und dem Miteinander helfen können.

Wir haben Möglichkeiten. Wir können wirksam werden.

Ich bin der Überzeugung, dass es zur Zeit nichts Wichtigeres gibt, als Methoden zu kultivieren, die uns in die Beruhigung und die Annahme führen.

Wenn sich Angst zeigt ist das ein Zeichen dafür, dass das „Gefühl von Sicherheit“ fehlt. Das Leben zeigt uns gerade, dass nichts mehr wirklich sicher ist.

Wie können wir in uns selbst und im Miteinander für mehr „Gefühle von Sicherheit“ sorgen?

Das „Gefühl von Sicherheit“ ist ein körperliches Empfinden. Es entspannt uns, es beruhigt unser Stresssystem, es beruhigt unsere Angst. Ein entspannter Körper erst erlaubt uns tiefer zu atmen, uns zu öffne, in Regeneration und Resonanz zu gehen.

Ein angespannter Körper ist auf Kampf oder Flucht eingestellt. Er muss für unser Überleben sorgen. Da ist wenig bis keine Resonanz oder Mitgefühl möglich.

Wir haben die Möglichkeit uns „Signale der Sicherheit“ zu schenken.

Der Körper kennt den Weg in die Beruhigung. Der Geist folgt ihm.

Signale der Sicherheit kommen schlicht daher und im ersten Moment können wir denken, das soll helfen? Ja, es hilft!

Beginnen Sie bei sich selbst. Schenken Sie sich zuerst Sicherheitsgefühle. Beginnen Sie damit sich zuzulächeln. Nach oben gezogene Mundwinkel signalisieren dem Körper – und auch unserem Gegenüber – Sicherheit.

Halten Sie häufiger inne und erlauben Sie sich die folgende Frage:

Fühle ich mich in diesem Moment sicher? Oder brauche ich mehr Zeichen der Sicherheit?

Erlauben Sie sich das im Team. Was braucht es gerade? Sie können mit Ihrem Thema voranpreschen oder erstmal für Sicherheit sorgen. Der Unterschied wird Sie verblüffen. In der Angst, im Stress haben Sie keinen Mitarbeiter, kein Kind, keinen Jugendlichen, kein Elternpaar im Boot. Niemand wird kooperieren.

Halten Sie inne und nehmen Sie Ihren Atem wahr. Verlängern Sie z. b. Ihren Ausatem. Sorgen Sie für Ihre Beruhigung. Sorgen Sie dafür, dass Sie ganz da sind.

Sie sind die erste Person im Boot. Ruhig und sicher. Dann erst kommen die Anderen hinzu. Folgen Ihnen. Beruhigen sich. Kooperieren.

Richten Sie ganz bewusst Ihre Aufmerksamkeit auf schöne Dinge im Alltäglichen. Einen Sonnenstrahl, ein besonders Licht, ein freundliches Gesicht, ein Foto, oder, oder, oder. Auch das beruhigt ihr Stresssystem.

Halten Sie Ihre Seele in die Sonne. Inmitten von allem, was ist.

Wenn Sie noch mehr über Sicherheitsignale für sich selbst und im Miteinander erfahren wollen, dann sprechen Sie mich gerne an.

Ich arbeite auf der Basis der Polyvagal Theorie nach Stephen Porges. Ich arbeite mit dem sozialen, dem verbindenden Nervensystem.

Und es ist mir wichtig, dieses Wissen weiterzureichen. Damit sich daraus Haltung entwickelt.

 

Wo sind die Vorbilder für mehr Langsamkeit?

Ich mache gerade eine Ausbildung zur Deep Rest Meditationstrainerin. Und ich bin beeindruckt, wie sehr mich diese Fortbildung zu neuen Sichtweisen einlädt.

Eigentlich hatte ich geglaubt, ich erlaube mir schon viele Ruhephasen in meinem Leben. Aber bei genauem Hinsehen entdecke ich mein Angetriebensein, meinen Aktionismus, mein mich nicht in Ruhe lassen können.

Kennen Sie das?

Die Arbeit muss schnell erledigt werden, am besten sofort. Keine Pausen zwischendurch. Und wenn sich eine Pause zeigt, könnte ich noch zwischendurch einkaufen gehen. Zu Hause gibt es auch immer wieder einen Grund aufzustehen und das ein oder andere zu erledigen.

Ich habe es so gelernt. Das Leben ist Arbeit. Alles muss schön sauber sein, ordentlich und man selbst hat fleißig zu sein. Arbeit und Ordnung hatte einen hohen Stellenwert in unserer Familie.

Ja, es fehlen uns oftmals die Vorbilder für Langsamkeit, für Ruhe, Gelassenheit und Entspannung. Wie können wir uns Zeit nehmen um Tun mit Ruhe zu verbinden? Um uns im Tun wahrzunehmen. Um Verbindung wahrzunehmen.

Es braucht Erlaubnis. Freundliche und sanfte Erlaubnis. Erstmal von außen, um sich dann im eigenen Inneren entfalten zu können.

Erlaube dir langsamer zu werden, schenke dir Pausen, gönne dir den Blick in die Wolken und genieße das Nichtstun. Mittendrin in all dieser Beschleunigung.

Und wenn das Verbot auftaucht, dieses – so geht es aber nicht. Nimm es wahr, mehr nicht.

Denn, was normal ist, ist noch lange nicht gesund.

Wir sind alle so beschäftigt, aber sind wir auch erfüllt?

Nicole Stern schreibt in Ihrem Buch „Das Mußeprinzip. Wie wir wirklich im Jetzt ankommen.“ folgendes:

Die Tiefe und Fülle des Lebens zeigt sich, wenn wir die Zeit und unsere Geschäftigkeit verlangsamen.

Das Leben und Arbeiten im Autopiloten erfüllt uns nicht. Kann es auch nicht, denn wir sind eigentlich gar nicht wirklich dabei.

Wir alle sind auf der Suche danach wieder bei uns selbst, mitten im Leben anzukommen. Die Sehnsucht danach wird bei vielen Menschen immer größer. Und das ist gut so.

Mein Selbstfürsorge Coaching bietet einen wohlwollenden, wertschätzenden Raum, um erlernte Verhaltensweisen zu hinterfragen, zu würdigen und vielleicht zu verabschieden.

Raum, um sich Vorbilder zu schaffen für neue, gesündere und menschlichere Verhaltensweisen. Und selber Vorbild für mehr Entschleunigung zu werden.

„Die Haltung zum Guten, zum Schlimmen kann keiner als ich nur bestimmen.“

Ich liebe die Texte der Dichterin Mascha Kaleko (1907-1975), die ein sehr schicksalsträchtiges Leben hatte.

Und ein Gedicht finde ich besonders passend und ermutigend in diesen Zeiten. Gefunden habe ich es in dem kleinen Geschenkband: „Wir haben keine andre Zeit, als diese.“ Gedichte über das Leben.

 

Was immer die Dinge mir bringen, ich stehe über den Dingen.

Was immer die Dinge mir tun, ich tue, als wär ich immun.

Und kann ich das Wollen nicht wollen, so schicke ich mich in das Sollen.

Die Haltung zum Guten, zum Schlimmen kann keiner als ich nur bestimmen.

Vom Gold in unseren Krisen, Erkrankungen und unserem Scheitern.

Leben verläuft nicht linear. Es verläuft nicht immer nach Plan. Manchmal verläuft es auch nicht so, wie wir es uns wünschen. Und manchmal wird es genau dadurch besser.

Leben ist, wie eine Wanderung durch unterschiedliche Landschaften. Mit kräftigen Vorwärtsschritten und zögerlichen Rückschritten, es gibt Gebiete mit einzunehmenden Bergen, wo wir mit Sonne, Wärme und weiter Sicht gesegnet sind. Und ebenso tauchen Täler auf. Und manchmal gibt es wirkliche Einbrüche, Schluchten, in die wir stürzen können.

All das nennt sich Leben. Mit all dem dürfen wir leben, mal besser, mal schlechter.

Und aus eigener Erfahrung weiß ich, es wird leichter, wenn wir darum wissen. Dass all das und noch viel mehr zum Leben gehört.

Hören wir deshalb nicht auf Pläne zu machen. Um Gottes Willen. Pläne sind wichtig und richtig!

Tun wir es nur mit einer inneren Bescheidenheit. Weil wir wissen, es kann geschehen, dass wir das Ziel nicht erreichen. Es kann sein, dass wir scheitern, dass uns mittendrin die Kraft ausgeht, dass wir die Lust verlieren, dass wir krank werden oder jemand in unserem Umfeld.

Und dass all das unser Leben ist. Unser einzigartiges Leben. Und dass es darauf ankommt, was wir daraus machen.

Wir können mit Verachtung auf das Scheitern, die Verletzung, die Krankheit, die Erschöpfung schauen oder wir können versuchen sie anzunehmen. Sie in unser Leben zu integrieren.

Lassen Sie uns endlich gemeinsam eine Sprache sprechen, die alles einschließt. Lassen Sie uns wagen über Verletzungen, Erkrankungen zu sprechen, über Krisen. Lassen Sie uns die begrenzende Scham loslassen.

Öffnen wir uns für „… das Potenzial und für die Erkenntnis, dass einem vermeintlichen Verlust eine eigene Wahrheit und eine Geschichte innewohnen könnte, die es wert ist, erzählt zu werden.“.

Klaus Motoki Tonn, Kintsugi

Beim Annehmen meiner eigenen Erkrankung vor einem Jahr hat mir das Buch „Kintsugi“ von Klaus Motoki Tonn sehr geholfen. Hier beschreibt er die alte japanische Kunst, zerbrochene Gefäße wieder kunstvoll zusammenzusetzen. Die entstandenen Scherben werden in einem aufwendigen Prozess wieder zu einem Gefäß zusammengesetzt. Risse und Brüche werden geklebt und ganz zuletzt vergoldet.

In der alten Kunst des japanischen Kintsugi weiß man, um die Geduld die es braucht Risse oder Brüche zu reparieren. Und es beginnt mit dem Schauen, mit dem Betrachten der Scherben, die vor einem liegen. Es beginnt mit dem Chaos.

Auch wenn sich in unserem Leben Risse und Brüche zeigen, braucht es Zeit für die „Reparatur“, für die Integration des Erlebten. Und auch hier beginnt der Prozess mit dem Chaos. Chaos ist für uns Menschen schwer auszuhalten, aber es will durchlebt sein, es braucht seine ganz eigene Zeit, wie uns die alte Technik des Kintsugi lehrt.

Zu dieser ersten Phase gehört vor allem das Betrachten der Scherben. Der tiefe Schrecken inmitten des Chaos. Nichts ist hier mehr verlässlich. Nichts ist hier mehr bekannt. Keine Gewohnheit trägt. Und es braucht Menschen, die uns halten, die uns sein lassen.

Genau deshalb braucht diese Phase des Prozesse, die Phase des Zulassens und des Seinlassens, Zeit. Zeit, in der wir gar nicht viel tun müssen. Viele der Prozesse laufen innerlich ab und wir tun gut daran uns liebevoll sein zu lassen. Bis wir zum Würdigen der Scherben, zum Würdigen des Chaos kommen. Zum Würdigen, weil wir zulassen können, was ist. Erstmal ein Scherbenhaufen.

Danach erst entwickelt sich der Prozess ganz langsam weiter in die nächste Phase. Wir kommen in die Phase des Loslassens. Das Loslassen der Pläne. Das Loslassen des Vorherigen. Das Loslassen des alten, vorausgegangenen Lebens. Und auch dieses Loslassen braucht Zeit, weil es weh tut und umsorgt sein will.

Erst danach kann das erfolgen, was wir innerlich so ersehnt haben. Das Zusammensetzen unserer Scherben. Achtsam. Liebevoll. Das zerbrochene Gefäß, unser kleines verletztes Leben bekommt wieder eine Form. Immer noch brüchig, noch nicht stabil. Und nun bekommt es nicht nur wieder eine Form, sondern wir veredeln die Form. Wir veredeln die Brüche, die Risse. Um im Bild zu bleiben, bepinseln wir sehr behutsam genau diese Risse und Brüche mit goldener kostbare Farbe.

Mir hat dieses Bild, der am Boden liegenden Scherben geholfen, mir Zeit zu nehmen und diesen Prozess des Zusammensetzens, diesen heiligen Prozess, diesen Heilungsprozess zu würdigen.

Mir hat dieses Bild nicht nur Verständnis und Erlaubnis geschenkt, sondern auch Vertrauen in das Leben und neuen Mut.

Dann, nachdem wir behutsam gepinselt haben, zeigt sich Neues. Ganz überraschend neu und anders als gedacht zeigt sich das Gefäß, zeigt sich unser Leben. Die Form ist nicht mehr ganz die alte, aber auf einmal blitzt hier Gold auf. Auf einmal ist da tiefer, innerer Wert, trotz des Scheiterns, trotz des Erkrankens, gerade durch die Krise.

Ganz anders als gewohnt zeigt sich hier Wert nicht über die herkömmliche Vorstellung von Leistung. Die Erfahrung tiefen, inneren Wertes wird erlebt durch den durchlittenen Prozess des Zulassens, Seinlassens und Loslassens.

Können Sie sich vorstellen, dass genau diese Krisen, die uns erschüttern, uns mit einer anderen Tiefe des Lebens in Kontakt bringen können? Sie können uns neu verankern und mit dem Leben verbinden. Sie lassen uns erleben, dass unser menschlicher Wert immer da ist und immer da sein wird. Von Geburt an sind wir mit Wert gesegnet.

Und was passiert jetzt mit dieser neuen, noch instabilen Form. Sie kommt ins Feuer, sie muss gebrannt werden, damit sie wirklich stabil wird. Sie sehen auch der innere Prozess ist noch nicht vorbei, um im Bild vom Erkranken oder Scheitern zu bleiben. Immer noch können sich kritische, abwertende und antreibende Stimmen in uns melden.

Mach was! Tu was! Wie konnte das überhaupt passieren? Bestimmt hast du was ganz falsch gemacht!

Sie melden sich aus dem Untergrund diese Stimmen, erzählen von Fehlern und rufen immer wieder die schmerzende Scham auf den Plan. Und genau deshalb gibt es das Feuer.

Erst der Prozess des Schmelzens macht das Gefäß wirklich stabil. Alle Anteile verbinden sich miteinander. Lassen wir zu, dass das Feuer unsere inneren abwertenden Anteile schmelzen lässt.

Und wieder ist Zeit und Geduld gefragt. Wenn das Gefäß endlich aus dem Ofen kommt ist es ganz anders als zuvor. Wir müssen erstmal schauen, betrachten, spüren. Endlich nach all dem Chaos und der Formlosigkeit zeigt sich hier erstmalig wieder verlässliche, feste Form. Neue Form, die allein durch die wertvollen goldenen Brüche und Risse entstanden ist.

Ganz einzigartig sind die goldenen Risse anzuschauen. Strahlend schön lassen sie das neu zusammengesetzte Gefäß erscheinen.

So ist es auch mit dem Integrieren unserer eigenen Verletzungen. Haben wir sie integriert, haben wir sie angenommen, können sie für uns leuchten. Für uns selbst und für den, der tief schauen kann.

Ich habe das hier so ausführlich beschrieben, weil es uns zeigen darf, dass wir uns mit dem Geschehenen „versöhnen“ können. Wir können auch in oder nach schweren Krisen Gestalter bleiben oder werden. Vor allem durch die liebevolle und freundliche Zuwendung zu uns selbst, zu unserem Schicksal, zu unserer Verletzung.

Vor allem durch das Geschenk von Zeit an uns selbst. Vor allem durch Seinlassen, Zulassen, Loslassen.

Jeder Tropfen vergossenen Blutes, vergossenen Schweißes wird dadurch kostbar.

Erlauben wir uns die Einsicht, dass genau hierdurch neue Sinnzusammenhänge entstehen können, die uns Kraft geben für die Gegenwart. Lassen Sie uns Brüche oder Risse in unserem Leben würdigen, so dass sie zur Quelle für unser weiteres Leben werden.

Leonard Cohen, der bereits verstorbene wunderbare Sänger hat genau hierzu seinen berührenden und eindrucksvollen Song Anthem verfasst. Er tat dies kurz vor seinem Tod und schenkte uns diese Zeile:

„There is a crack in everythink. That´s how the light gets in.“

Leonhard Cohen

Lernen wir mit dem Scheitern, dem Erkranken, dem Erschöpfen zu leben. Anders als zuvor. Vielleicht glänzender, kostbarer, strahlender. Wer weiß.